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Verbesserung der Kulturbedingungen von Antikörper-produzierender Hefe

Verwendung von Deep Well SensorDishes® zur pH- und Sauerstoffüberwachung

Lotta Kirjavainen und Alexander Frey
Aalto Universität, Finnland

Zuverlässige Screening-Verfahren sind der Schlüssel zur schnellen Identifizierung von genetischen Veränderungen oder Änderungen der Kultivierungsbedingungen um die Leistung eines Stammes zu verbessern. Darüber hinaus wäre eine Online-Überwachung von Kulturbedingungen und Zellphysiologie bereits in frühen Phasen des Screening-Prozesses wünschenswert, um zusätzliche Informationen zu erhalten. Wir haben SensorDishes® verwendet, um die Kulturbedingungen für einen Antikörper-produzierenden Saccharomyces cerevisiae Stamm zu optimieren. Basierend auf Messungen des pH-Werts und der Konzentration an gelöstem Sauerstoff (DO) konnten wir zeigen, dass die Erhöhung der Pufferkapazität von synthetischen Hefemedien die Stabilität des sezernierten Antikörpers beeinflusst. Darüber hinaus haben wir festgestellt, dass die Medienmodifikationen auch den gelösten Sauerstoffgehalt während der Batch-Kultivierung des Stammes beeinflusst haben.

Wir haben erfolgreich Saccharomyces cerevisiae Stämme entwickelt, die in der Lage sind, Antikörper in voller Länge (IgG) zu produzieren und diese mit menschlichen N-Glycanen zu glykosylieren [1, 2]. Gegenwärtig liegt die IgG-Produktivität dieser gentechnisch veränderten Hefestämme hinter anderen etablierten zellbasierten Produktionssystemen, wie CHO-Zellen, zurück und die Produktionstiter sind weit davon entfernt, kommerziell konkurrenzfähig zu sein. Um die Produktivität zu verbessern, screenen wir regelmäßig verschiedene Arten von Deletionsstämmen oder DNA-Bibliotheken zur Identifizierung genetischer Determinanten, die die IgG-Produktivität verbessern [3, 4]. Diese Bibliotheken können begrenzte Sätze von Kandidatengenen umfassen, die auf einen spezifischen zellulären Prozess abzielen, zum Beispiel Proteinfaltung, oder genomweite Deletionsbibliotheken. Die Anzahl der getesteten Stämme kann mehrere hundert umfassen. In unserem Standard-Screening-Setup unter Verwendung von 96er oder 24er Deep Well-Platten testen wir nur die IgG-Titer und die optischen Zelldichten nach 24 Stunden Wachstum. Um den Screening-Prozess weiter zu verbessern, wäre es wünschenswert, mehr Einblicke in die zelluläre Physiologie und die Kulturbedingungen zu erhalten. Insbesondere die pH-Entwicklung ist von großem Interesse, da aus früheren Experimenten bekannt ist, daß das sekretierte IgG bei neutralem pH-Wert am stabilsten ist, während Hefe vorzugsweise bei saurem pH-Wert wächst. Eine weitere Komplikation besteht darin, dass die am häufigsten verwendeten Hefemedien typischerweise Hefe-Stickstoff-Basis (YNB) enthalten, die die Stickstoffquelle, Salze, Spurenelemente und Vitamine enthält, aber nur leicht gepuffert ist. Daher kann der Kultur-pH während der Kultivierungszeit ziemlich stark abfallen. Desshalb haben wir getestet, ob eine erhöhte Pufferkapazität der Medien die IgG-Produktion von S. cerevisiae beeinflusst.

Material & Methoden

Der SDR SensorDish® Reader wurde zur Online-Überwachung von pH und Sauerstoff in Hefekulturen verwendet. Die Hefen wurden in Deep Well Oxo- und HydroDishes® (OD24-DW, HD24-DW, PreSens) mit Abdeckungen (Applikon) kultiviert, um eine homogene Sauerstoffversorgung aller Wells zu gewährleisten. Eine optische Abschirmungsmaske (SDR-OSM24, PreSens) wurde zwischen dem Reader und den SensorDishes® platziert, um zu vermeiden, dass Fluoreszenz des Mediums die optischen Messungen beeinträchtigt. Das System wurde in einem temperaturgeregelten Schüttler unter Verwendung des System Duetz-Klemmsystems montiert. Der Saccharomyces cerevisiae Stamm YEK18, ein Derivat der Wildtyphefe W303α (Leu2-3,112 trp1-1 can1-100 ura3-1 ade2-1 his3-11,15) Stammes, wurde in den Experimenten verwendet. Der Stamm enthält eine einzige Kopie der Gene, die für die leichte und schwere Kette eines humanen IgG kodieren, das in den HIS3-Locus integriert ist. Die Expression der leichten und schweren Kette unterliegt der Kontrolle eines Galactose-induzierbaren Promotors. Die Kolonien wurden von Platten entnommen, in 3 ml komplettes synthetisches Medium (6,7 g/l YNB ohne Aminosäuren, 2,0 g/l Aminosäuremischung, 20 g/l Raffinose) eingeimpft und über Nacht bei 30 °C und 220 U/min kultiviert. Für die Expressionstests wurden OD24-DW- und HD24-DW-Platten mit 3 ml vollständigem synthetischem Medium, ergänzt mit 50 µg/ml BSA, befüllt und auf eine Ausgangs-OD600 von 0,2 inokuliert. Zum Testen des pH-Effekts wurde das Medium mit 0 bis 50 mM Phosphatpuffer, pH 6,5, ergänzt. Die angeimpften Deep Well-Platten wurden 6 Stunden bei 30 °C und 250 U/min inkubiert, und die IgG-Expression durch Zugabe von 0,5 % Galactose induziert. Die induzierten Kulturen wurden dann weitere 18 Stunden bei 30 °C und 250 U/min inkubiert. Während der gesamten Kultivierungszeit wurden die Konzentration an gelöstem Sauerstoff und der pH-Wert alle zehn Minuten aufgezeichnet. Die endgültige OD600 wurde am Ende der Kultivierung gemessen. Proben für die IgG-Bestimmung wurden 18 Stunden nach der Induktion gesammelt. Die gereinigten Kulturüberstände wurden auf 1 × PBT (PBS: 135 mM NaCl, 2,5 mM KCl, 10 mM Na2HPO4, 1,75 mM KH2PO4, mit 0,5 % Tween-20) eingestellt und bei - 20 °C bis zur Analyse gelagert. Um die Antikörperkonzentration in den Kulturüberständen zu bestimmen, verwendeten wir ein enzymgebundenes Immunoassay (ELISA), das auf einer Hamilton Star Line Liquid Handling Station durchgeführt wurde. Die endgültigen Raffinose- und Galactosekonzentrationen wurden in geklärten Kulturüberständen mittels HPLC ermittelt.

Ergebnisse

Während des Batch-Wachstums von S. cerevisiae in synthetischen Medien kann der pH-Wert aufgrund der geringen Pufferkapazität der Medien innerhalb von 24 Stunden bis auf pH 4 abfallen. Unter diesen sauren Bedingungen kann sich die Stabilität von Antikörpern stark reduzieren, wodurch es vermehrt zu proteolytischem Abbau der sezernierten Moleküle kommt, was letztlich dazu führt, dass die Menge an produzierten Antikörpern unterschätzt wird. Um weitere Einblicke in unseren derzeit angewandten Screening-Prozess zu erhalten, haben wir Deep Well Oxo- und HydroDishes® verwendet. Bei der Kultivierung der Antikörper-produzierenden Hefe in den synthetischen Medien fiel der anfängliche pH-Wert von etwa 5,7 bis 5,8 innerhalb der ersten fünf Stunden auf einen Wert unter 5. Die Antikörpertiter nach 24 Stunden waren sehr gering und zusätzliche Experimente zeigten, dass die höchsten Antikörpertiter bereits nach 12 bis 16 Stunden erreicht waren. Danach war ein rascher Abfall des Antikörpertiters zu beobachten. Daher untersuchten wir, ob man durch die Zugabe von Puffersubstanzen dieses Problem umgehen könnte. Wir haben YEK18 in synthetischen Medien wachsen lassen, die mit steigenden Mengen an Phosphatpuffer (0 bis 50 mM) ergänzt wurden. Vorkulturen wurden über Nacht gezüchtet, und drei Replikatkulturen wurden mit einer Anfangs-OD600 von 0,2 in die Wells der Deep Well HydroDishes® inokuliert, die zufällig positioniert waren. Die Deep Well-Platten wurden 6 Stunden inkubiert, und die Antikörperproduktion mit 0,5 % Galactose induziert. Die Kulturen wurden für weitere 18 Stunden inkubiert. Die pH-Werte wurden alle 10 Minuten aufgezeichnet und die resultierenden pH-Profile sind in Abb. 3 gezeigt. Verglichen mit dem Stamm-Wachstum in den synthetischen Standardmedien, hielt die Zugabe von steigenden Konzentrationen an Puffersubstanz den pH stabiler; aber immer noch fielen die pH-Werte selbst von mit 50 mM Phosphatpuffer gepufferten Kulturen auf Werte nahe 5. Die endgültigen Zelldichten nach 24 Stunden Wachstum ließen erkennen, dass der Phosphatpuffer negative Auswirkungen auf das Wachstum hatte. Die endgültigen OD600-Werte fielen um etwa 30 % von 8,61 in den synthetischen Standardmedien auf 6,22 in den mit 50 mM Phosphatpuffer gepufferten Medien (Abb. 3B). Im Gegensatz dazu änderten sich die endgültigen IgG-Titer in den Kulturen dramatisch, und bei Zugabe von Phosphatpuffer wurde eine mehr als fünffache Zunahme der Antikörperendkonzentration beobachtet (Abb. 3C). Die Unterschiede der endgültigen IgG-Titer bei Kulturen mit erhöhter Pufferkapazität waren gering. Insgesamt erhöhte die Zugabe von Puffersubstanz die endgültigen IgG-Titer, obwohl, basierend auf den gemessenen pH-Profilen, der Effekt nicht nur auf einen stabileren Kultur-pH-Wert als bei einer Konzentration von 20 mM zurückgeführt werden kann, da der pH-Wert immer noch sehr schnell abfiel. Wir haben uns gefragt, ob die beobachteten positiven Effekte auf andere metabolische Veränderungen zurückzuführen sind. Unter Verwendung der identischen Versuchsanordnung wiederholten wir die Experimente mit Deep Well OxoDishes®, in der Annahme, dass Änderungen auf metabolischer Ebene den Sauerstoffverbrauch beeinflussen und sich somit in der Konzentration des gelösten Sauerstoffs widerspiegeln könnten. Die DO-Profile der Kultur sind in Abb. 4A gezeigt. Bemerkenswerterweise hatten die Kontrollkultur und die Kultur, die mit 20 mM Puffer gepuffert war, im Vergleich zu den anderen Kulturen ein sehr ausgeprägtes Sauerstoffprofil. Nach einem Rückgang des gelösten Sauerstoffs auf Werte nahe 0 % erreichte Sauerstoff nach 24 Stunden Kultivierung nahezu 50 % Luftsättigung. Im Gegensatz dazu war die anfängliche starke Abnahme an gelöstem Sauerstoff in den zwei Kulturen mit 40 und 50 mM Phosphatpuffer aufgrund der niedrigeren OD weniger ausgeprägt. Ein zweiter, intermediärer Sauerstoffabfall zeigte eine Änderung des Substrats an. Der folgende Gleichgewichtszustand zwischen Sauerstoffverbrauch und Sauerstoffeintritt stabilisierte sich leicht über 20 % Luftsättigung. Die Kulturen, die 30 mM Phosphatpuffer enthielten, zeigten ein intermediäres Verhalten, wobei dem schnellen Abfall des gelösten Sauerstoffgehalts eine Substratänderung und ein stationärer Zustand folgten, was gegen Ende der Kultivierung in DO-Werte von etwa 30 % Luftsättigung resultierte. Die beobachteten Unterschiede in der Konzentration von gelöstem Sauerstoff wurden von Veränderungen beim Verbrauch der Kohlenstoffquelle Raffinose begleitet (4B). Im Fall von Zellen, die in den synthetischen Standardmedien gezüchtet wurden, war der Raffinoseverbrauch am niedrigsten. Galactose, die als Induktor dient, wurde in allen Kulturen vollständig verbraucht. Für die Kulturen mit 30, 40 und 50 mM Phosphatpuffer ist die Veränderung des Substratverbrauchs in der DO-Kinetik als zweiter Sauerstoffabfall nach der ersten Erhöhung deutlich zu erkennen.

Zusammenfassung

Die Anwendung von Online-Überwachungssystemen wie Deep Well Oxo- und HydroDishes® ist sehr nützlich, um zusätzliche Einblicke in die Kulturbedingungen und die Zellphysiologie zu erhalten. Die während der Studie erzeugten Daten bestätigten wie wichtig die Pufferkapazität der Medien ist, um die Produktstabilität sicherzustellen. Unerwarteterweise zeigte sich, dass die Pufferkapazität der Medien auch die Zellphysiologie beeinflussen kann, was in Veränderungen des Sauerstoffverbrauchs und der Substratnutzung beobachtet werden konnte, und neue Forschungsfragen aufwirft.

Referenzen
[1] Nasab, F. P., Aebi, M., Bernhard, G., Frey, A. D. 2013. A combined system to engineer glycosylation efficiency and glycan structure in Saccharomyces cerevisiae. Appl Environ Microbiol. 79: 997 - 1007
[2] Piirianen, M. A., Boer, H., de Ruijter, J. C., Frey, A. D. 2016. A dual approach for improving homogeneity of human-type N-glycan structure in Saccharomyces cerevisiae. Glycoconjugate Journal 33 (2): 189 - 199
[3] de Ruijter, J. C., Koskela, E. V., and Frey A. D. 2016. Enhancing antibody folding and secretion by tailoring the Saccharomyces cerevisiae endoplasmic reticulum. Microbial Cell Factories. 15:87
[4] de Ruijter, J. C., Jurgens, G., Frey, A. D. 2017. Screening for novel genes of Saccharomyces cerevisiae involved in recobinant antibody production. FEMS Yeast Res. 2017 Jan: 17 (1). fow104

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