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Entwicklung eines geschüttelten Scale-Down Modells

Charakterisierung kritischer Parameter in der Bioprozessentwicklung

Holger Kley, Jan Kreuzmann, Caroline Schuster, und Robert Puskeiler
Roche Diagnostics GmbH, Pharma Biotech Production and Development, Penzberg, Deutschland

Wir haben für ein bereits etabliertes Stirred-Tank-Modell im 2-Liter-Maßstab ein geschütteltes Scale-Down Modell im ca. 0.1-Liter-Maßstab entwickelt. Die Online-Überwachung des pH-Werts und der gelösten Sauerstoffkonzentration im geschüttelten Scale-Down Modell wurde mit dem SFR Shake Flask Reader von PreSens durchgeführt. Obwohl nur eine einfache, manuelle Kontrolle dieser beiden Parameter realisiert werden konnte, erzielte das geschüttelte Scale-Down Modell ähnliche Daten für die lebensfähige Zelldichte, den spezifischen Glykosylierungsgehalt und das Ionenaustausch-Chromatographie-Muster wie das Stirred-Tank-Modell. Diese Ergebnisse legen nahe, dass für diesen Prozess die Bedeutung der pH- und DO-Kontrolle überschätzt werden könnte und dass weitere Untersuchungen durchgeführt werden müssen, um den Einfluss von Scherspannung und Energiezufuhr in beiden Modellen zu bewerten und zu vergleichen.

Scale-Down-Modelle werden verwendet, um den nachgewiesen akzeptablen Bereich kritischer Parameter und Einstellungen in der Bioprozessentwicklung zu charakterisieren. Auf diese Weise können Kosten und Zeit eingespart und eine zuverlässige Skalierung in biotechnologischen Produktionsprozessen für pharmazeutische Wirkstoffe gewährleistet werden. Ein bereits etabliertes 2 l Scale-Down Modell für einen Produktionsprozess im 1.000-Liter-Maßstab sollte nun weiter auf eine Schüttelflasche mit ca. 0,1 l Arbeitsvolumen verkleinert werden. Unterschiede in den Strömungsmustern, der Leistungsaufnahme, der Sauerstoffübertragung, der Misch-Scherspannung, der Schaumbildung usw. müssen berücksichtigt werden, wenn versucht wird, dieses geschüttelte Modell in verkleinertem Maßstab für einen Produktionsprozess im gerührten Bioreaktor zu erstellen. Durch die Verkleinerung des Stirred-Tank Prozesses ist es möglich, die Anzahl paralleler Experimente zu erhöhen und gleichzeitig die Kosten zu senken. Zudem kann eine größere Anzahl die Signifikanz von Prozesscharakterisierungsstudien erhöhen und eine bessere Modellqualität erreicht werden. Der SFR Shake Flask Reader von PreSens (Regensburg, Deutschland) wurde in diesen Experimenten verwendet, um den pH-Wert und die gelöste Sauerstoffkonzentration in den Schüttelkolben zu überwachen. Das System verwendet chemisch-optische Sensoren, die am Boden der Schüttelkolben angebracht sind und nicht-invasiv mit dem SFR im Inkubator ausgelesen werden.

Ansatz zur Etablierung eines geschüttelten Scale-Down Modells

Der SFR wurde zur Online-Überwachung der beiden grundlegenden Prozessparameter pO2 und pH im geschüttelten Scale-Down Modell eingesetzt. In dieser Studie wurde ein Produktionsprozess für einen rekombinanten monoklonalen Antikörper durchgeführt. Vorläufige Tests zeigten, dass das pH-Profil einen signifikanten Einfluss auf die Leistung dieses Prozesses haben könnte. Da kein zuverlässiges System zur Online-pH-Kontrolle in Schüttelkolben verfügbar ist, wurde dies durch die Kontrolle des CO2-Gehalts im Einlassgas des Inkubators oder durch Zugabe von Base zum Medium erreicht, falls der pH-Wert unter den Sollwert fiel. Wir berechneten ein vereinfachtes pH-Profil aus früheren Prozessabläufen im 2-Liter-Maßstab und verwendeten es, um die Menge an manuellen Eingriffen im Schüttelkolben-Maßstab zu reduzieren. Um die Vergleichbarkeit der beiden unterschiedlichen Maßstäbe zu gewährleisten, wurden die pH-Sonde im  2 l Bioreaktor und der chemisch-optische online Sensor getestet. Ein relativ konstanter Offset von ca. 0,2 pH-Einheiten wurden durch eine tägliche Neukalibrierung beider pH-Messgeräte kompensiert. Vor dieser Studie erstellten wir ein empirisches Modell für den Sauerstofftransfer als Funktion der Schüttelgeschwindigkeit und des Reaktionsvolumens auf der Grundlage von kLa-Messungen im Schüttelkolben-Maßstab. Um den Sollwert von 15 % gelöstem Sauerstoff (DO) des 2-Liter-Maßstabs zu erreichen, wurde die Schüttelgeschwindigkeit des Inkubators manuell angepasst. Ein akzeptabler Bereich zwischen 15 - 30 % DO wurde angestrebt, um die Anzahl manueller Eingriffe zu minimieren. Weiterhin wurde das kontinuierliche Zufuhrprofil des 2-Liter-Modells in eine intermittierende Fütterungsstrategie, mit einer Boluszufuhr pro Tag, auf den Schüttelkolben-Maßstab übertragen.

Leistung des geschüttelten Scale-Down Modells

Ein Ziel war, vergleichbare pH- und DO-Profile im Schüttelkolben-Maßstab zu realisieren, um eine ähnliche Prozessleistung wie beim 2-Liter-Modell zu gewährleisten. Der pH-Wert in den Schüttelkolben lag im allgemeinen während der gesamten Kultivierung in einem Bereich von 0,05 pH-Einheiten des Sollwerts (Abb. 2A). Hauptsächlich nach Zugabe von Base und Nahrung überschritt der pH-Wert seinen Zielbereich, jedoch nicht länger als 6 Stunden. Eine weitere Ausnahme von diesem Bereich konnte während der Nachtphase am 3. Tag gemessen werden, als keine Kontrolle vorgenommen wurde. DO konnte mit nur drei manuellen Anpassungen pro Tag auf einen Bereich von 10 - 40 % reguliert werden (Abb. 2 B). Der Zielbereich wurde während der Tage 1 - 3 und danach täglich für 2 - 12 Stunden überschritten. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass das Schüttelkolbenmodell die vorgegebenen pH- und DO-Profile nicht realisieren konnte. Qualitätsmerkmale wie die Lebendzellendichte (VCD), die Produktkonzentration, das Peakmuster der Ionenaustauschchromatographie (IEC) und die relative Menge spezifisch glycosylierter Antikörperspezies wurden ebenfalls mit ihrem akzeptablen Bereich auf Basis der Werte des Modells im 2-Liter-Maßstab verglichen. Das Scale-Down Modell erzielte ähnliche Prozessprofile in Bezug auf VCD und IEC. Der spezifisch glykosilierte Antikörperanteil überstieg den Zielbereich um nur 0,7 %, was jedoch aufgrund der Messgenauigkeit als unkritisch gilt. Die Produktkonzentration wurde während der Kultivierung im Schüttelkolben-Maßstab überwacht und erreichte ca. 20 - 25 % höhere Werte. Diese Ergebnisse sind überraschend, wenn man bedenkt, dass die Kontrolle von pH und DO im Schüttelkolben-Maßstab viel weniger genau war als beim 2-Liter-Modell. Es könnte sein, dass die Wichtigkeit der pH- und DO-Kontrollgenauigkeit überschätzt wird. Die Steuerung anderer Prozessparameter, wie zum Beispiel Leistungsaufnahme und Scherspannung, könnte viel wichtiger sein. Die Energiezufuhr in einem Schüttelkolben unter den verwendeten Bedingungen ist wahrscheinlich niedriger als in einem 2 l Rührkesselbioreaktor. Die lokale maximale Energiezufuhr im Schüttelkolben-Maßstab ist viel geringer aufgrund der gleichmäßigeren Energiezufuhr an der Kolbenwand verglichen mit der hohen Scherbelastung in der Nähe einer Rührerschaufel im Bioreaktor. Sauerstofflimitierung und schlechtes Mischen im Schüttelkolben-Maßstab, über die in der Literatur berichtet worden ist, konnten in diesen Experimenten nicht bestätigt werden, da in beiden Maßstäben ein ähnliches Wachstum und eine ähnliche Produktqualität erreicht werden konnte.

Zusammenfassung

Ein 2 l Stirred-Tank Modell für einen Produktionsprozess im 1.000-Liter-Maßstab wurde weiter verkleinert. Das entwickelte geschütterte Scale-Down Modell bei ca. 0,1-Liter-Maßstab verfügte über eine sehr einfache, manuelle pH-Wert- und DO-Konzentrationskontrolle, die durch Online-Überwachung der beiden Parameter mit dem SFR Shake Flask Reader umgesetzt wurde. Obwohl diese Kontrolle im Vergleich zu einem vollständig online gesteuerten Rührkessel-Bioreaktor von viel geringerer Qualität war, konnten ähnliche Daten für IEC-Muster, Glycosylierungsgehalt und lebensfähige Zellendichte - wichtige Qualitätsattribute - mit dem geschüttelten Scale-Down Modell erreicht werden. Andere Prozessparameter wie Leistungsaufnahme, Scherspannung und deren Einfluss auf die Prozessleistung im Scale-Down Modell müssen weiter untersucht werden.

Applikationsbericht nach
Puskeiler et al., 2011, Development of a shaken scale down mode in USP: From 1´000 L to 0.1 L scale, Poster CCE

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