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pH-Regulierung für einen Leberzellbioreaktor

Protoypenentwicklung mit einer chemisch-optischen pH Durchflusszelle

Marco Decker
Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW), Deutschland

Ein wichtiger Aspekt effizienter Leberzellbioreaktoren ist die automatisierte Regulierung von physio-chemischen Kulturparametern. Die vorliegende Studie beschreibt die Entwicklung der ersten nicht-invasiven pH-Regulationsvorrichtung für einen Perfusionsbioreaktor. Die hohe Leistungsfähigkeit des Systems basiert auf einer chemisch-optischen Durchflusszelle zur pH-Detektion und deren Kombination mit präzisen Gas-Massendurchflussreglern. Der neue Controller ermöglicht eine langzeitstabile und kontaminationsfreie Online-pH-Regulierung in komplexen Bioreaktorsystemen - ein wichtiger technischer Beitrag für zukünftige klinische Anwendungen.

Bioreaktoren in der klinischen Medizin

Die Transplantationsmedizin erwartet große Fortschritte von Leberzellbioreaktoren (Abb. 1) für die klinische Behandlung von Patienten mit akutem Leberversagen. In einem Notfall sollten Leberzellbioreaktoren die Leberfunktion des Patienten unterstützen. Auf diese Weise könnte die Wartezeit vor der Transplantation einer geeigneten Spenderleber überbrückt werden. Die Leber beteiligt sich an wichtigen physiologischen Aufgaben wie Proteinbiosynthese, Zuckerstoffwechsel, Lipogenese, Ausscheidung von Gallensäuren oder Abbau- und Entgiftungsfunktionen. Für eine erfolgreiche in vitro Kultur von metabolisch aktiven Leberzellen sind spezielle Kultursysteme erforderlich. Ideale Wachstumsbedingungen hinsichtlich Nährstoff- und Sauerstoffversorgung sowie physikalisch-chemische Kulturparameter müssen gegeben sein. Innerhalb des Bioreaktors fungiert ein dichtes Kapillarnetzwerk sowohl als Wachstumssubstrat für Zellen als auch als Trägersystem für Nährstoffe. Mit solchen Bioreaktorsystemen können Leberzellen bereits in stabiler Langzeitkultur gehalten werden. Zur weiteren Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit wurde nun eine automatisierte und transportable pH-Regulierungstechnik entwickelt. Ein besonderes Merkmal der implementierten Steuerschaltung ist ein nicht-invasives Messgerät zur online pH-Detektion. Basierend auf einer raffinierten optosensorischen Messtechnik ermöglicht der Durchfluss-pH-Detektor von PreSens eine kontaminationsfreie pH-Regulierung im Bioreaktor.

Design des pH-Regelkreises

Der optimale pH-Wert für die Leberzellkultur liegt zwischen pH 7,3 - 7,45. Um einen dauerhaft stabilen pH-Wert im Bioreaktor zu erreichen, muss die Menge an zugesetztem CO2 kontinuierlich an den aktuellen pH-Wert angepasst werden. Der zugrundeliegende Regelkreis (Abb. 2) besteht neben der pH-Durchflusszelle aus einem Aktor für das Gasgemisch sowie der Berechnungseinheit - dem eigentlichen Controller. Da eine Leberzellkultur nur minimale pH-Abweichungen tolerieren kann, wurde ein PI (Proportional-Integral)-Controller gewählt. Dieser Reglertyp kann exakt an die spezifischen Anforderungen des Bioreaktorsystems angepasst werden. Für die Zellen im Bioreaktor ist eine PI-Regelung besser geeignet als eine Zweipunktregelung, da keine dauerhaften Verschiebungen des kontrollierten Zustands stattfinden. Der pH-Wert des Zellkulturmediums wird nicht-invasiv vom Durchflusssensor überwacht und an den Controller übermittelt. Der implementierte PI-Steuerungsalgorithmus berechnet dann die manipulierte Variable. Der Controller sendet diese Daten an die Massenstromventile, die ein konstantes Gasgemisch erzeugen, das durch die Kapillaren des Bioreaktors fließt.

Funktionelle Charakterisierung des pH-Regelkreises

Die Eigenschaften des neuen PI-Regelkreises können durch induzierte Störungen nachgewiesen werden. Eine hohe metabolische Zellaktivität innerhalb des Bioreaktors wird durch Zugabe von Zitronensäure (12 bzw. 25 mg/ml) zum Kulturmedium simuliert. Die überwachten pH-Werte und die entsprechende Kompensation durch CO2 zeigen folgende Eigenschaften des Regelkreises (Abb. 3): Nach anfänglicher sprunghafter pH-Änderung von stationärem pH 7,4 auf pH 7,2 (Versuch 1) vergehen etwa 41 Minuten, bis wieder der Sollwert erreicht ist. Es dauert ca. 2h 45 min bis zur vollständigen Stabilisierung. Das Überschwingen liegt in einem Bereich von 0,03 pH-Einheiten. Im 2. Versuch nahm der pH-Wert ebenfalls sprunghaft von pH 7,4 auf pH 6,92 ab. Der Sollwert wurde nach 26 Minuten wieder erreicht. Das maximale Überschwingen betrug 0,04 pH-Einheiten. Komplette Systemstabilisierung erfolgte nach 2 h 50 min. Obwohl in der vorliegenden Studie ein fester Sollwert-Regelkreis realisiert wurde, ist die Regelleistung auch bei anderen pH-Sollwerten bemerkenswert. Abbildung 4 zeigt die Eigenschaften der Regelleistung für zwei verschiedene Sollwertverschiebungen: pH 7,8 zu 7,4 (a) und pH 7,4 zu 7,5 (b). Aus den Daten können wichtige Qualitätsmerkmale der Ansprechzeit wie Kontrollabweichung, Anstiegs- und Übergangszeit sowie das vorübergehende Überschwingen abgeleitet werden. Im ersten Fall lag das vorübergehende Überschwingen bei 15 %, mit einer Anstiegszeit von 1.600 Sekunden und einer Übergangszeit von 6.400 Sekunden. Die Kontrollvariable erreicht den pH-Wert von 7,4 und hält ihn auch konstant, besser als mit einem zweistufigen Steuergerät (Details in Originalfassung). Wie bei den ersten Sollwertverschiebungen erreicht der pH-Wert den vorgeschlagenen zweiten Wert von pH 7,5 und bleibt konstant. Das vorübergehende Überschwingen beträgt etwa 20 %, die Anstiegs- und Übergangszeit liegt bei 1.800 Sekunden bzw. 4.800 Sekunden. Die Studie zeigt, dass auch andere pH-Werte als die vorher festgelegten pH-Werte von pH 7,3 - 7,45 gewählt werden können.

Hervorragende Perspektiven

Dieser Prototyp für nicht-invasiven pH-Regulierung in Bioreaktoren ist ein wichtiger Beitrag zur weiteren Optimierung der methodischen Grundlagen für klinische Anwendungen bei Lebererkrankungen und Zelltransplantationen. Die integrierte opto-sensorische pH-Messtechnik von PreSens meistert in besonderer Weise die hohen Anforderungen an Messgenauigkeit und kontaminationsfreie Langzeitstabilität. Ein klinischer Test des pH-gesteuerten Perfusionsbioreaktors rückt näher.

Applikationsbericht nach
der Diplomarbeit von Marco Decker, Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin (FHTW), Berlin, Deutschland (2007).

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