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SFR vario unterscheidet in Schüttelkolben zwischen Gut und Schlecht

Online Biomasse- und O2-Messungen tragen zur Optimierung der Screening-Bedingungen bei

H. Morschett
Microbial Bioprocess Lab - Helmholtz Innovation Lab, Institut für Bio- und Geowissenschaften, IBG-1: Biotechnologie, Foschungszentrum Jülich GmbH, Deutschland

Schüttelkolben werden häufig zum Screening von Produktionsstämmen eingesetzt. Wir verwendeten das SFR vario zur gleichzeitigen Online-Überwachung von Biomasse und Sauerstoff in Schüttelkolbenkulturen von GFP-produzierenden C. glutamicum. Es wurden Tests mit unterschiedlichen Arbeitsvolumina und Kolbenausführungen gemacht, um die Auswirkungen auf die Biomasseentwicklung und die Produktausbeute zu analysieren. In Schüttelkolben ohne Schikanen verursachten höhere Füllvolumina eine schnellere Sauerstoffabnahme und führten zu einer geringeren Produktausbeute. Nach einer metabolischen Umstellung traten diese Kulturen während der Sauerstofflimitierung in eine lineare Wachstumsphase ein, wie die Biomassemessungen zeigten. Messungen in Schüttelkolben mit Schikanen zeigten einen besseren Sauerstofftransfer in das Medium. Diese Kulturen erzeugten bei allen Füllvolumina etwa die gleiche Produktausbeute. Sie erreichten maximale Biomasse schneller als die Kulturen in Schüttelkolben ohne Schikanen.

Mikrobielle Produktionsprozesse von z. B. rekombinanten Proteinen oder organischen Verbindungen sind heutzutage für die pharmazeutische oder chemische Industrie unverzichtbar. Das Screening für geeignete Produktionsstämme wird häufig im Schüttelkolbenmaßstab durchgeführt, da Schüttelkolben eine leichtere Handhabung und Parallelisierung ermöglichen. Um einen geeigneten Produktionsstamm auswählen zu können, müssen optimale Wachstumsbedingungen geschaffen werden. Der Einsatz von Überwachungstechnologie ist in diesem Maßstab jedoch noch nicht weit verbreitet.
Um die Screening-Bedingungen für C. glutamicum Produktionsstämme zu bewerten und effizient zu optimieren, haben wir das SFR vario von PreSens verwendet. Mit diesem Gerät können pH, gelöster Sauerstoff und Biomasse gleichzeitig und kontinuierlich während der Kultivierung gemessen werden. Das optische Messprinzip ermöglicht es die Parameterwerte nicht-invasiv durch den transparenten Boden des Schüttelkolbens auszulesen. Wir verwendeten 500 ml Kolben mit und ohne Schikanen und mit verschiedenen Füllvolumina, um die unterschiedlichen Belüftungseigenschaften und deren Auswirkungen auf die Biomasseentwicklung und Produktausbeute in C. glutamicum Kultur zu untersuchen.

Material & Methoden

GFP-produzierende C. glutamicum ATCC13032 [1] wurden in CGXII Minimalmedium mit 7,5 g/l Glukose, 7,5 g/l Laktose und 0,25 mM IPTG kultiviert. Alle Kulturen wurden mit einer anfänglichen OD600 von 0,2 angeimpft. Die Kulturen wurden in 500 ml Schüttelkolben mit und ohne Schikanen bei unterschiedlichen Füllvolumina (25 ml, 50 ml, 75 ml, 100 ml) durchgeführt. Sie wurden in einem Multitron Pro Schüttelinkubator (Infors) bei 30 °C, 25 mm Schütteldurchmesser und einer Schüttelgeschwindigkeit von 210 rpm (Schikanekolben) oder 150 rpm (Kolben ohne Schikanen) gehalten. Sauerstoff und Biomasse wurden gleichzeitig und online mit vier SFR vario (PreSens GmbH) überwacht.

Ergebnisse

Abbildung 2 zeigt die Sauerstoff- und Biomassedaten die mit SFR vario in Kolben ohne Schikanen aufgezeichnet wurden. Kulturen aller Füllvolumina erreichten nach 9 bis 14 Std. eine Sauerstofflimitierung. Höhere Füllvolumina erreichten schneller Sauerstoffzehrung und es dauerte länger, bis der Sauerstoffgehalt wieder anstieg. Die Biomassemessungen zeigen alle einen kleinen Peak, gefolgt von einem kurzen Abfall und dann einem linearen Anstieg des Biomassesignals. Der Peak stellt eine morphologische Umstellung dar, sobald der Sauerstoff verbraucht ist, gefolgt von einer linearen Wachstumsphase unter Sauerstofflimitierung. Die Dauer der linearen Wachstumsphase korreliert mit den Füllvolumina der Schüttelkolben. Die dünne Mediumschicht im Kolben mit 25 ml Füllvolumen könnte dazu geführt haben, dass nur ein sehr schwaches Biomassesignal aufgezeichnet werden konnte.

Abbildung 3 zeigt die Online-Messung mit SFR vario in Schüttelkolben mit Schikanen. Wie in den Kolben ohne Schikanen schien die dünne Mediumschicht bei 25 ml Füllvolumen ein niedriges Biomassesignal zu verursachen. Die Kulturen mit 75 ml und 100 ml Füllvolumen erreichten nach 15 Stunden kurzzeitig eine Sauerstofflimitierung. Alle Kulturen mit Ausnahme der 25 ml Kultur zeigten einen charakteristischen Knick in der Wachstumskurve bei etwa der Hälfte der Kultivierungszeit. (Der Knick ist bei 25 ml wohl wegen des starken Messrauschens nicht zu erkennen.) Dieser wird durch eine metabolische Umstellung von Glukose- zu Laktoseverbrauch verursacht. Diese Umstellung ist in den Sauerstoffwerten nicht zu sehen, die während dieser Phase einen kurzen Anstieg der Sauerstoffwerte hätten zeigen müssen. IPTG wurde dem Medium hinzugefügt, um die GFP-Produktion zu induzieren, aber es induziert auch das Lac-Operon. Daher wurden Laktose-hydrolysierende Gene vorzeitig aktiviert und Laktose parallel zum Glukoseverbrauch in Galaktose und Glukose gespalten. Streng genommen stellt der Knick in der Wachstumskurve einen metabolischen Wechsel von Glukose- zu Galaktoseverbrauch dar.

Die Analyse der GFP-Konzentrationen (Abb. 4) nach den Kultivierungsläufen ergab, dass die unterschiedlichen Füllvolumina in Schüttelkolben mit Schikanen keinen signifikanten Einfluss auf die Produktausbeute hatten. Kulturen bei allen Füllvolumina produzierten ungefähr die gleiche Menge an GFP. In Schüttelkolben ohne Schikanen hingegen wurde die GFP-Produktion stark durch die Sauerstofflimitierung beeinflusst. Selbst bei einem Füllvolumen von 25 ml wurde im Vergleich zu der Kultur im Schikanekolben weniger GFP erzeugt. Mit höherem Füllvolumen nahm die produzierte Proteinkonzentration signifikant ab.

Zusammenfassung

Wir haben diese Experimente mit C. glutamicum Kulturen in Schüttelkolben durchgeführt, um unsere Screening-Bedingungen für Produktionsstämme zu optimieren. Die gleichzeitige Überwachung von Sauerstoff und Biomasse mit dem SFR vario lieferte detaillierte Informationen zur Entwicklung der Kultur und zu den Zeitpunkten, zu denen Sauerstofflimitierung oder die maximale Biomasse erreicht wurden. Dies ermöglicht es uns, die Kultivierungsbedingungen und Kultivierungszeiten beim Vergleich verschiedener Stämme in der Zukunft entsprechend anzupassen. Die mit dem SFR vario erhaltenen Daten sind unverzichtbar, wenn verschiedene Stämme verglichen werden müssen, und tragen dazu bei, zuverlässigere Routinen im Schüttelkolbenmaßstab zu erstellen.

Referenzen:
[1] L. Freier et al., ‘Framework for Kriging‐based iterative experimental analysis and design: Optimization of secretory protein production in Corynebacterium glutamicum’ Eng. Life Sci. (2016) 0, 1 - 12
[2] C. Keilhauer et al., ‘Isoleucine synthesis in Corynebacterium glutamicum: molecular analysis of the ilvB-ilvN-ilvC operon’ Journal of Bacteriology, Sept. 1993, 5595 - 5603

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