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Benthische Störungs-Regenerations-Dynamik in sich verändernden Küstengewässern

Erfassung der Auswirkungen terrestrischer Sedimentablagerungen auf pH-Wert und O2-Gehalt eines Sandwatts mit VisiSens Technologie

Kay Vopel, Aysha Hohaia, Chris Pook, und John Robertson
Institute for Applied Ecology New Zealand, Auckland University of Technology, Neuseeland

Änderungen des Klimas und der Landnutzung erhöhen die Zufuhr von terrestrischem Sediment (TS) in Küstengewässer weltweit, die Auswirkungen dieses Anstiegs auf die Ökosystemfunktionen sind aber kaum bekannt. In früheren Studien haben wir gezeigt, wie millimeterdünne TS-Ablagerungen das weiche Küstensediment beeinflussen können, indem sie den pH-Wert und die Oxygenierung des Porenwassers herabsetzen. Hier untersuchten wir solche Sedimente mit planaren pH- und O2-Sensoren, um die Dynamik dieser Effekte in Sedimentkernen und einem Gerinneexperiment mithilfe des VisiSens™-Systems  zu verstehen. Wir beschrieben zum ersten Mal zwei durch TS-Ablagerung induzierte Mechanismen, die das Sedimentporenwasser ansäuern, und zeigten, wie der Effekt einer TS-Ablagerung auf die Oxygenierung eines Baus durch das Verhalten des Baubewohners rückgängig gemacht wird.

Veränderte Landnutzung, ein Anstieg des Meeresspiegels und extreme Niederschlagsereignisse erhöhen die Zufuhr von terrestrischem Sediment (TS) in Küstenhabitate weltweit, entweder über Wasserstraßen oder direkt durch Erdrutsche. Das suspendierte TS setzt sich schließlich ab und bildet eine Ablagerung auf der Oberfläche des weichen Sediment der Meeresböden. Diese Ablagerung verändert die Funktionen des sedimentären Ökosystems, bis sie von der benthischen Fauna überarbeitet oder durch Bodenwasserströme resuspendiert wird. Das kann den Abbau von benthischem organischem Kohlenstoff beeinflussen, indem es den Austausch von reaktiven gelösten Stoffen zwischen Sediment und Meerwasser behindert und das Verhalten der benthischen Spezies und die damit verbundene Reaktionsdynamik verändert. Experimente in neuseeländischen Flussmündungen mit zentimeterdicken TS-Ablagerungen haben Veränderungen in benthischen Faunengemeinschaften aufgrund von Migration, Sterblichkeit und Bestandsversagen dokumentiert. Häufiger bilden TS-Schichten millimeterdünne Ablagerungen, die das sedimentäre Ökosystem dennoch modifizieren können, indem sie den pH-Wert und die Sauerstoffanreicherung des Oberflächensediments verringern. Eine Abnahme der Porenwasseroxygenierung wirkt sich negativ auf das Grabverhalten juveniler Makrofauna-Bestände aus (Cummings et al 2009) und eine Abnahme des pH-Werts senkt die Sättigung des Sediments mit Calcit und / oder Aragonit, was eine erhöhte Sterblichkeit von frisch angesiedelten Schalentieren verursachen kann (Green et al. 2009). Hier testeten wir die Eignung der VisiSens™-Technologie zur Untersuchung kurzfristiger Veränderungen des Porenwasser-pH-Wertes und O2-Niveaus während und nach der Ablagerung von TS. Dazu wurde auf Küsten-Sedimente in Acrylröhren und einem Labor-Meerwassergerinne, an die planare pH- und O2-Sensoren angebracht waren, frisch suspendiertes und verwittertes TS  abgelagert. Wir untersuchten Veränderungen des Porenwasser-pH-Wertes nach diesem Ablagerungsereignis, um die Mechanismen besser zu verstehen, die zu der zuvor dokumentierten Porenwasserversauerung führen. Darüber hinaus interessierte uns, wie sich durch die Bewässerung von Makrofauna-Höhlen diese Ablagerungen auf die O2-Versorgung der darunterliegenden Sedimentschichten auswirkt.

Material & Methoden

Wir sammelten Küstensedimente aus einem geschützten Sandwatt im nördlichen Becken von Tauranga Harbor, einem großen Gezeiten-Einlass an der Nordostküste des North Island, Neuseeland. Der feine Sand hatte einen Gehalt an Wasser und organischem Material von 25 und 2,9 % und einen mittleren Teilchendurchmesser von 249 μm. Wir benutzten TS von einem Erdrutsch am Hahei Beach, Coromandel, suspendierten etwa 100 g dieses Sediments in 100 ml Meerwasser, entfernten große Partikel mit einem 250 µm Sieb und gaben frisch suspendiertes TS in das Meerwasser über dem Küstensediment, um eine 1-2 mm dicke Ablagerung auf der Oberfläche zu erzeugen (mittlerer Teilchendurchmesser, 30 - 40 µm). Um verwittertes TS herzustellen, vollzogen wir drei Ablagerungs- und Resuspensions-Zyklen, wobei wir das darüber liegende Meerwasser nach jedem Zyklus dekantierten und ersetzten. Um die Sensorfolien in Kontakt mit dem Oberflächensediment zu bringen, entfernten wir das Meerwasser über dem Sedimentkern, klebten die Folie direkt über der Sedimentoberfläche auf die Innenfläche des Acrylrohrs und schoben den Sedimentkern dann nach oben, bis die Hälfte der Folie mit dem Sediment in Kontakt stand. Für Gerinneexperimente haben wir die Folie auf die innere Oberfläche der Gerinne-Glaswand geklebt und dann das Gerinne mit Sediment gefüllt.

Auswirkungen von TS-Ablagerung auf Porenwasser-pH und -O2

Die Zeitreihenanalyse unserer Versuche mit pH-Sensorfolien legte zwei Mechanismen offen, durch die TS-Ablagerungen den pH-Wert des darunter liegenden Küstensediments senken:
1. Die Ablagerung von frisch suspendiertem TS setzte über Stunden nach ihrer Bildung Wasserstoffionen in das darunter liegende Sediment und das Gerinne-Meerwasser frei (Abb. 3). Folglich nahm der pH-Wert des darunter liegenden Küstensediments ab. Der Diffusionsverlust von Wasserstoffionen in das Gerinne-Meerwasser erhöhte allmählich den pH-Wert der TS-Ablagerung und des darunter liegenden Küstensediments. Dieser Anstieg kam schnell zum Erliegen, weil Wasserstoffionen, die durch mikrobielle Oxidation von organischem Material und reduzierten Stoffen freigesetzt wurden, den pH auf einem niedrigen Wert hielten, so dass der Fluss von Wasserstoffionen umgekehrt wurde. Wasserstoffionen diffundierten nun von ihrer Quelle im Sediment über die TS-Ablagerung in das darüber liegende Meerwasser.
2. Da die TS-Ablagerung die Diffusionsdistanz zwischen Wasserstoffionen-Quelle und -Senke erhöhte, blieb der pH-Wert der Küstensedimente unter der Ablagerung unter Werten in ungestörten Sedimenten (Abb. 4). Das heißt, die Ablagerung verhinderte den Transport von Wasserstoffionen und erhöhte somit deren oberflächennahes Konzentrationsmaximum.
Die Versuche mit O2-Sensorfolien demonstrierten eindrucksvoll die Dynamik der Sedimentporenwasser-Redoxchemie. Wir beobachteten, wie sich absetzende TS-Partikel die diffusive Grenzschicht zwischen Küstensediment und Gerinne-Meerwasser störten. Diese Störung erhöhte kurzzeitig die O2-Durchsetzung, aber die zunehmende Oberflächenablagerung verschob dann allmählich den O2-Konzentrationsgradienten nach oben in die Ablagerung (Fig. 2). Schließlich zeigten wir zum ersten Mal, dass die Ablagerung einer nur 0,5 mm dicken TS-Schicht die Bewässerung eines Polychaetenbaus zum Erliegen bringt. Die Oxygenierung des Bohrlochs und des umgebenden Sediments nahm schnell ab, bis der Polychaet den Wasserfluss durch den Bau wiederhergestellt hatte. Eine anschließende Ablagerung einer ca. 2 mm dicken Schicht ließ die Höhle für mindestens eine Stunde anoxisch werden (entspricht der maximalen Messzeit).

Zusammenfassung

Die Fähigkeit von Polychaeten und anderer Makrofauna, einen Austausch von gelösten Stoffen unter der Oberfläche aufrecht zu erhalten, wird sicherlich Grenzen haben, die zukünftige Experimente mit dem VisiSens™-System genauer beleuchten könnten, um Schwellenwerte in der Reaktion von benthischen Ökosystemen auf Stress besser zu verstehen. Ein solches Verständnis wird unabdingbar sein, um Vorhersagen über das Funktionieren der Küstenmeere in Zukunft treffen zu können.

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