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Online-Hypoxie-Messung im Inkubator

Hypoxie bedeutet wörtlich "wenig Sauerstoff", und bezeichnet eine Sauerstoffunterversorgung von Körperzellen und -gewebe. Der Nobelpreis für Medizin wurde in 2019 an drei Hypoxieforscher verliehen. William Kealin Jr. (USA), Sir Peter Ratcliffe (UK) und Gregg Semenza (USA) haben die molekularen Mechanismen aufgedeckt, wie Zellen die Sauerstoffverfügbarkeit messen und anpassen: einem der wichtigsten Prozesse des Lebens. Dank dieser bahnbrechenden Forschungsarbeiten wissen wir viel mehr darüber, wie unterschiedliche Oxygenierungslevel fundamentale physiologische Prozesse regulieren.

Zellen können ihren Sauerstoffgehalt in gewisser Weise messen und ihren Bedarf entsprechend anpassen. Um die normale Zellfunktion zu erhalten, muss der Sauerstoffgehalt in einem relativ engen, für jedes Gewebe individuell angepassten physiologischen Bereich gehalten werden, dem sogenannten physoxischen Bereich. In vivo variiert die Sauerstoffkonzentration im menschlichen Körper signifikant zwischen verschiedenen Geweben, wobei die Werte immer wesentlich geringer als der Luftsauerstoffgehalt sind (Abb. 1). Solche deutlich unter dem atmosphärischen Sauerstoffgehalt liegenden physiologischen Werte werden für gewöhnlich als Hypoxie (= Sauerstoffarmut/-mangel) bezeichnet, obwohl sie eigentlich der in situ Normoxie entsprechen.

Die natürliche Anpassung an hypoxisch geringe Sauerstoffkonzentrationen wird größtenteils durch die Transkriptionsaktivierung von Genen Vermittelt, die kurzzeitige (z. B. Glukosetransport) und langfristige (z. B. Angiogenese) Anpassungsmechanismen ermöglichen und dadurch eine Balance zwischen Sauerstoffbedarf und -versorgung herstellen. Ein Schlüsselregulator der zellulären Reaktion ist der Transkriptionsfaktor HIF-1 (Hypoxie-induzierter Faktor-1), der ein breites Spektrum von Genen aktiviert, die u. a. den Energiestoffwechsel, das Wachstum von Blutgefäßen oder die Synthese von sauerstofftransportierenden Erythrozyten steuern.

In den meisten Zellkulturmodellen im Labor basieren die experimentellen Sauerstoffwerte auf denen, die in den Standard-Zellkulturinkubatoren (ohne spezielle Regulation der Sauerstoffkonzentration) bereitgestellt werden. In befeuchteten Zellkulturinkubatoren, die standardmäßig auf 5 % CO2 gehalten werden, erzeugen neben den atmosphärischen Gasen auch verdampfte Wassermoleküle einen Partialgasdruck, pH2O von etwa 50 mbar (bei 37 °C und 1013 mbar). Unter diesen Bedingungen entspricht der Sauerstoffgehalt 18,6 % O2 (v/v), was einem Sauerstoffpartialdruck (pO2) von 141 mmHg entspricht (Wegener et al. Hypoxia (Auck). 2015 Sep 18; 3:35-43). Keine Zelle im Körper weist in der Realität jemals eine so hohe Sauerstoffkonzentration auf.

Da experimentell bereits mehrfach gezeigt wurde, dass in sauerstoffarmer Kultur (Hypoxie) kultivierte Zellen schneller wachsen, länger leben und weniger Stress zeigen, ist es bei Laborexperimenten besonders wichtig, das Zellwachstum durch eine Sauerstoffatmosphäre zu optimieren, die die in vivo Bedingungen möglichst gut nachahmt.

Obwohl die Bedeutung der Hypoxie in biologischen Prozessen bekannt ist, gestaltet sich die genaue Steuerung und Überwachung hypoxischer Zustände für die meisten Forscher äußerst schwierig. Dies liegt daran, dass für die präzise Steuerung von Temperatur, Feuchtigkeit und Gasen (CO2 und O2) im Inkubator ausgeklügelte Instrumente benötigt werden.

Derzeit gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, hypoxische Zustände für kultivierte Zellen zu erzeugen.

Eine davon beinhaltet die Verwendung modularer, luftdicht verschlossener Gaskammern in einem Standard-CO2-Inkubator. Durch den Einsatz solcher Inkubationskammern, die in den Standardinkubator gestellt werden, wird die Sauerstoffkonzentration in vitro gesenkt, um ein langfristiges Zellwachstum unter hypoxischen Bedingungen zu ermöglichen.

Eine andere häufig zu Einsatz kommende Methode ist die hypoxische Kultivierung in einem sogenannten "Tri-Gas"-Inkubator, obwohl dies eigentlich eine falsche Bezeichnung ist. Es werden nur zwei Gase zugeführt - Kohlendioxid (wie üblich) und Stickstoff - um den Sauerstoffgehalt zu senken.

Die Echtzeitvisualisierung der Hypoxie oder zellulärer Prozesse als Reaktion auf hypoxische Zustände wird jedoch bei beiden Kultivierungsoptionen problematisch, wenn die Zellen zur weitergehenden Analyse, z. B. mittels mikroskopischer Bildgebung, aus dem Inkubator entnommen werden müssen. Beim Öffnen des Inkubators kommt es zu einer erneuten Sauerstoffzufuhr aus der Umgebungsluft, was zu irreführenden Ergebnissen führen kann, weil die Sauerstoffkonzentration dabei innerhalb kürzester Zeit wieder ansteigt (Abb. 2). Auch wird die Zeit, die benötigt wird, um den Sauerstoffgehalt im Medium, welches unter Raumluft in die Kultivierungsgefäße gefüllt wurde, der Inkubatoratmosphäre anzugleichen, oft unterschätzt.

Außerdem erfordern einige der üblichen Hypoxiedetektionsmarker wie Pimonidazole oder EF5 eine Fixierung und damit Tötung der Zellen mit anschließender Immunfärbung. Doch selbst bei fluoreszenten Farbstoffen, die bei lebenden Zellen angewendet werden können, stellt sich die Problematik der Umgebungssauerstoffkonzentration. Gerade daher ist es immer üblicher, die wirkliche Sauerstoffkonzentration im Kultivierungsgefäß selbst mit Messgeräten zu bestimmen.

Das PreSens Protfolio umfasst verschiedene geeignete chemisch-optische Sensorsysteme, um den aktuellen Hypxiestatus einer Zellkultur ohne Sauerstoffverbrauch, nicht-invasiv und ohne Entnahme der Kultivierungsgefäße aus dem Inkubator zu bestimmen.

Für Zellkultivierungen in Multiwellplatten bietet PreSens zur Bestimmung des aktuellen Hypoxiestatus den SensorDish® Reader an. Der SensorDish® Reader ist ein kleiner 24-Kanal-Reader zur Erfassung von Sauerstoff oder pH-Wert in Multiwellplatten (SensorDishes®). Diese enthalten am Boden jedes Wells einen Sensorspot, der nicht-invasiv durch den transparenten Boden ausgelesen wird. SensorDishes® für Sauerstoff (OxoDish®) und pH (HydroDish®) sind im 24-Well- und 6-Well-Format erhältlich. Die Sauerstoffsensoren am Boden des OxoDish® messen den Sauerstoffgehalt im Medium in ihrer direkten Umgebung. Sie sind ab einem Sauerstoffgehalt von 1 % O2 der Inkubatoratmosphäre anwendbar.

Das nicht-invasive PreSens VisiSens™ Messprinzip ermöglicht die Bildgebung in statischen (nicht geschüttelten) Zellkulturen in Multiwellplatten und T-Flasks. Es kombiniert fluoreszierende Sensorfolien für Sauerstoff, pH oder CO2 mit einer 2D-Auslesetechnologie, um die Verteilung des jeweiligen Parameters in der Zellkultur zu visualisieren. Die biokompatiblen Sensorfolien können in verschiedene transparente Kultivierungsgefäße integriert werden. Die Zellen werden direkt auf den Sensorfolien kultiviert, wodurch direkt in der perizellulären Mikroumgebung der Zellen gemessen wird.

Sowohl der SensorDish® Reader als auch die VisiSens™-Detektionseinheit können direkt im Inkubator installiert werden, um konstante Kulturbedingungen (Temperatur, Sauerstoff, CO2) zu gewährleisten. So können Prozesse in Zellkulturen ab einem Sauerstoffgehalt von 1 % O2 der Inkubatoratmosphäre in Echtzeit überwacht werden.

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